Was sich am Samstag zwischen 16.00 und 18.30 Uhr in der ehemaligen Uni-Sporthalle abspielte, hat Jens Rudat ausführlich dargestellt. Besser kann man es nicht machen.
Hier der Bericht von Jens:
»Von Anfang an lag etwas Bedrohliches in der Luft der todgeweihten Koblenzer Sporthalle am Mozartplatz, die nun dem Abrissunternehmer überantwortet wird. Neben dem Blick auf die traurigen Überbleibsel just jener Sportstätte in welcher der Autor dieser Zeilen vor über einem Vierteljahrhundert seine ersten Doppelsalti riskierte, humpelte wie ein schlechtes Omen der schwer rückenverletzte Koblenzer Leistungsträger Stefan Salzmann an Krücken zwischen den Geräten entlang – so rechten Mut auf Wettkampfstimmung machte das schon mal nicht.
Im Einturnen wurde dann klar dass den Gastgebern außerdem noch ihre sonstige niederländische Verstärkung – ebenso verletzungsbedingt – fehlte und der gleichfalls niederländische Ersatzturner nicht die hohe Qualität seines Landsmannes erreichen würde.
Damit ging die im Vorfeld den Koblenzern zugesprochene Favoritenrolle an die badischen Gäste über, die auch prompt das Bodenturnen trotz eines Sturzes im ersten Duell für sich entscheiden konnten.
Als Grötzinger Glücksfall erwies sich dann am Pauschenpferd der kurzfristige Ausfall von Dennis Eckelmann, der nach der Beinahe-Katastrophe vom letzten Wettkampf offenbar in des Wortes wahrstem Sinne zu viel Schiss vor einem neuerlichen Parforceritt hatte, um die Reise nach Koblenz antreten zu können: Der kurzfristig eingesprungene Thomas Hanke sicherte mit seiner Saisonbestleistung den Sieg auch an diesem Gerät, mit Dennis‘ Wertung vom letzten Wettkampf hätte es hier eine Niederlage gegeben.
An den Ringen wurde nun ein Führungswechsel erwartet, schließlich waren hier die Koblenzer in dieser Saison bislang ungeschlagen. Bereits nach den ersten beiden Duellen war entsprechend aus der knappen Karlsruher Führung ein Unentschieden geworden.
Gegen die starke Übung des Grötzinger „Rückkehrers“ Mauno Schelb trat nun Jan Damrau an, bis zu diesem Wettkampf der beste Liga-Scorer deutscher Nationalität. Dieser landete allerdings nach bis dahin brillanter Kür so unglücklich, dass der Wettkampf und sicher auch die Saison danach für ihn beendet waren (gleichwohl wir hoffen dass das MRT am Montag keinen Kreuzbandriss zeigen wird).
Danach war der Wettkampf gelaufen: Der Koblenzer Trainer Ralf Schall schickte nun notgedrungen die Ersatzbank ins Feld, die ihr kurzfristig verfügbares Übungsgut zwar bemerkenswert solide abrief, inhaltlich aber noch nicht mithalten konnte.
Folgerichtig gewann der TSV Grötzingen in den nächsten acht Duellen in Folge 22:0 Scorepunkte, erst ein Patzer des sonst so souveränen Lazar Bratan brachte am Barren wieder einen Zähler auf das Konto der Gastgeber.
Eine schöne Szene ergab sich dann gegen Ende des Barrenturnens, als der verletze Jan Damrau zwar noch blass, aber aufrecht zurück in die Halle kommen konnte und mit lang anhaltendem erleichterten Applaus von Turnern und Fans beider Mannschaften begrüßt wurde.
Möglicherweise auch hieraus ergab sich die mit beeindruckender Moral geführte Schlussoffensive der Turner vom (R)Eck, die just hier durchaus noch einen Ehrentreffer verdient gehabt hätten. 14,15 Punkte brauchte Stian Skjerahaug, Norwegischer Gastturner in Grötzinger Diensten, um dies zu verhindern; 14,20 Punkte erturnte er mit seiner famosen Darbietung am Königsgerät – eine Punktlandung, für die er sich bei der anschließenden Siegerehrung sein erstes Topscorer-Shirt überstreifen durfte.
Gute Besserung an das Koblenzer Lazarett – wir hoffen alle Insassen desselben beim Rückspiel 2015 wieder gesund und munter in Karlsruhe begrüßen zu können!
JR
Nachtrag: FAIRPLAY-Preis und andere Innovationen
Trotz längerer Unterbrechung infolge der Verletzung und anschließenden Behandlung von Jan Damrau konnte nach zügiger Wertung und gemeinsamem Abbau die Halle bereits 3h nach Wettkampfbeginn komplett leer geräumt präsentiert werden.
Es hätte also keine Notwendigkeit bestanden, die Turner nach jeder Übungsfreigabe durch konsequentes Runterzählen – „noch 20!“ – an die Endlichkeit der individuellen Vorbereitungszeit zu erinnern.
Das Verhalten des Kampfgerichtes war hier zwar FIG-regelkonform; aber es sollte hinterfragt werden, ob man für nach dem Scoresystem geturnte Begegnungen nicht eine andere Regelung braucht.
Denn hier erfährt der Turner mitunter erst unmittelbar vor der Übung wann er an der Reihe ist; bzw. während der taktischen Beratungen der Trainer nach der Übung des Gegners ist bereits ein Gutteil der Wertungszeit verstrichen, so dass der Turner häufig die Freigabe quasi noch auf dem Weg zum Gerät erhält, ohne dieses sowie sich selbst noch ausreichend präparieren zu können.
So wurde es in der Hektik – „noch 10!“ – von Grötzinger Seite unverzeihlicherweise versäumt, Thomas Hanke die Barrenholme fest zu stellen. Zum Glück fiel dies der in Barrennähe platzierten Koblenzer Mannschaft auf: Stefan Salzmann erkannte den Ernst der Lage, vergaß im Adrenalinrausch Bandscheibenvorfall und Krücken, warf sich gewissermaßen in die bereits angemeldete gegnerische Übung und verhinderte so möglicherweise eine weitere schlimme Verletzung in dieser Begegnung.
Hiermit möchten wir Stefan „hochoffiziell“ für den seitens der DTL ausgelobten FAIRPLAY-PREIS vorschlagen – ganz, ganz herzlichen Dank für Deinen Einsatz und Anerkennung für Deine Geistesgegenwart!
In diesem Zusammenhang die Bitte an die DTL, den diesbezüglichem Spielraum der Kampfrichter zu vergrößern: Wenn man den im Duell nachlegenden Turnern (und nur um die geht es ja im Grunde) 50 statt 30 Sekunden nach Freigabe der Übung zur Verfügung stellt, verlängert sich die Wettkampfdauer um maximal 8min. Das sollte uns die Sicherheit unserer Athleten wert sein.«
Auf der Suche nach einem lockeren Spruch nach all dem Pech könnte man formulieren: wenn Stefan Salzmann und Jan Damrau auf Krücken daher kommen, geht die KTV am Stock.
Nach lockeren Sprüchen ist aber niemand zumute. Andererseits bringt alles Wehklagen nichts; die Wettkampfserie ist weitgehend gelaufen und am Ende wird eine Platzierung im gesicherten Mittelfeld in die Annalen der Saison 2014 eingehen.
Wenn man der Situation noch etwas Positives abgewinnen kann, dann ist es die Reaktion des Teams nach Jans Verletzung. Nachdem der erste Schock überwunden war, übernahmen die Youngster um Ivo Hofmann und Angelo Schall die Verantwortung. Nachdem schon Pascal Glowienka eine Lücke am Seitpferd hervorragend gestopft hatte, turnten sie den Wettkampf zusammen mit Sascha Blätter, Tim Hartung und Melvin Ornek mit ungebrochener Moral zu Ende. Dabei konnte Angelo mit 13,60 Punkten am Reck und knapp 75 Punkten im Sechskampf sogar noch einen Glanzpunkt setzen.
Die KTV dankt den Grötzinger Turnfreunden für den fairen Wettkampf, die tatkräftige Hilfe beim Geräteabbau und die moralische Unterstützung.
Vor einem Wiedersehen in der nächsten Saison muss in Koblenz nur noch die Frage der zukünftigen Trainingsstätte geklärt werden.
Josef Quadt (KTV Koblenz)